Reformationsjubiläum

So langsam biegt das Reformationsjubiläum in die Zielgerade ein – und mancher ist froh darüber, bzw. kann das Thema langsam nicht mehr hören. Gleichzeitig ist dieses Gedenk- und Aufbruchsjahr trotz allem Aufwand wahrscheinlich an einem großen Teil der Bevölkerung ziemlich wirkungslos vorbei gegangen.

Ich will und kann mit diesem Blog natürlich kein allgemeingültiges Resümee ziehen. (Ich hab zwar viel mitbekommen, aber zugleich doch auch nur einen Bruchteil.)

Aber ein paar Schlaglichter aus meiner Perspektive will ich benennen und illustrieren. Und gerne dürft Ihr mir eure Kommentare dazu schicken:

  1. Winterliches Wittenberg
Blog 46-5

Stadtkirche in Wittenberg

Im Januar gab es für mich einen doppelten Auftakt in Wittenberg, den ich in sehr positiver Erinnerung habe. Da war zunächst der Auftaktgottesdienst des Gnadauer Verbandes in der Schlosskirche. An dem Tag war es wirklich bitterkalt in der Lutherstadt und die Straßen verschneit. Aber trotzdem hatten sich ein paar Hundert Gottesdienstbesucher in der Schlosskirche eingefunden, um einen fröhlichen und außerordentlich ermutigenden Gottesdienst zu feiern. Orgelmusik und Gospelchor, Auftritt von des Reformators Johannes Bugenhagen, eine energiegeladende Predigt von Präses Michael Diener, kraftvolle Gebete und viele Begegnungen am Rande machten deutlich: Es geht nicht um Rückwärtsgewandtes, sondern um die Vitalität der Kirche heute und in Zukunft.

Drei Wochen später hatte ich Schulungen für die Mitarbeitenden in unserem Lutherhotel zu halten. Und zu der Gelegenheit besuchten Christiane und ich das Panorama von Asisi, das uns wirklich begeistert hat: Mit den unzähligen lebendigen Szenen aus den Jahren um 1517 im 360-Grad-Rund, den Geräuschen und wechselnden Tageszeiten ist da ein Fenster in die Geschichte gestaltet worden, das unendlich viele, kleine und große Entdeckungen ermöglicht (nicht nur die großen kirchenpolitischen, sondern auch z.B. einen nächtlichen Blick ins Ess- und ins Schlafzimmer der Luthers. Zum Glück bleibt dieses Panorama noch weit über das Jubiläumsjahr hinaus stehen.

2. Kirchentagsabschlussgottesdienst auf den Elbwiesen

wenn ich ehrlich bin, ist das unterm Strich doch die große Enttäuschung des Jahres, obwohl unfassbare Energien und Kosten in die Organisation gesteckt wurden. Wie schon in einem früheren Blog berichtet, lag die Teilnehmerzahl unter einem Drittel der erwarteten, der Gottesdienst war in Ordnung, aber doch auch sehr brav und begrenzt inspirierend. Und dann war es so heiß, dass sich die meisten kurz nach dem Mittag wieder auf den Heimweg machten – und allein der einstündige Fußweg zum Bahnhof Hunderte in gesundheitliche Probleme brachte. Das ganze wirkte auf mich wie der verzweifelte Versuch, evangelischerseits so etwas wie das Fest mit Papst Benedikt zum katholischen Weltjugendtag 2004 auf dem Marienfeld vor den Toren von Köln hinzukriegen. In Wittenberg insgesamt doch ein Flop.

3. Weltausstellung

Also, ich habe mehrfach gesagt: „Weltausstellung“ ist schon ein sehr großes Wort für das, was da geboten wurde. Trotzdem lohnte sich der Besuch aus meiner Sicht. Auch wenn ich – als ich Anfang August dort war – an vielen Stationen als gerade einziger Besucher von den Mitarbeitenden seeehr herzlich begrüßt wurde. In der Stadt war richtig was los, aber die Weltausstellung doch überschaubar besucht.

Den heiß diskutierten „Segens-Roboter“ der Hessen-nassauischen Kirche fand ich vor allem: köstlich. Besonders, wenn er die Arme erhebt und mit leichtem Knacken die Finger spreizt, hat das was von Robby, Tobbi und dem Fliwatüt (wenn noch jemand dieses Kinderbuch kennt). Aber es wurden dadurch höchst interessante Gespräche ausgelöst. Und damit gehörte die mobile Segenskirche mit insgesamt ca. 11.000 Besuchern zu den meistbesuchten Pavillions.

Noch ein wenig besser besucht (11.250) war der Pavillion des Evang. Gnadauer Verbandes. Das lag vermutlich zu einem hohen Teil an der sehr guten Lage, direkt am Anfang neben dem Lutherhaus. Aber das geräumige Zelt mit den drei Themen-Kuben (Mission, Diakonie, Bibel), freundlichen und seelsorgerlich geschulten Mitarbeitenden und z.T. schönem Begleitprogramm lohnte den Besuch auch. Die Berliner Stadtmission war übrigens wesentlich an der Gestaltung des Themenkubus zu Diakonie beteiligt.

Bei der Weltausstellung hatte ich aber z.B. im Pavilion der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa ein hoch interessantes Gespräch mit einem ungarischen Theologieprofessor, der mir sehr differenziert von der Politik Orbans und der Rolle der Reformierten Kirche dort berichtete. Und natürlich hatte ich mir richtig Zeit genommen für den Schweizer Pavillion, denn insgesamt ist das Reformationsjubiläum ja doch viel zu Luther-lastig. Und da lohnt es sich, bewusst auf die besonderheiten der Reformation in Zürich und Genf zu schauen.

Besonders hatten es mir aber die Türen der Freiheit angetan, einer dreistöckigen innen begehbaren Installation, die von Mitarbeitenden und Bewohnern/Klienten verschiedenster diakonische Einrichtungen gestaltet waren.

4. Vorletzen Donnerstag fand dann in Potsdam der offizielle Festgottesdienst und Empfang der EKBO (Landeskirche Berlin-Brandenburg- schlesische Oberlausitz) und des Landes Brandenburg statt. Die prächtige Nikolaikirche, die ich vorher auch noch nicht von innen gesehen hatte, gab eine gute Kulisse für die Predigt von Bischof Dröge und Ministerpräsident Wiodke, beides ansprechende Ansprachen. Vor allem die von Woidke, der nicht nur seinen persönlichen Bezug aus DDR- und Studentenzeiten zur Evangelischen Kirche erzählte, sondern auch hervorhob, wie wichtig die Christen gerade heute für Politik und Staat seien, um die Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen.

 

Anschließend wurde dann die Ausstellung „Reformation und Freiheit“ zur Brandenburgischen Reformation feierlich eröffnet. Die steht ja ein bisschen im Schatten der Mitteldeutschen Reformationsgeschichte. Spannend an der brandenburgisch-preußischen ist die enge Verbindung ins heutige Polen. Denn zur Reformationszeit befand sich das unter einer Regierung mit Brandenburg verbundene „Königreich Preußen“  rund um Königsberg.

Die kleine feine Ausstellung lohnt sich jedenfalls zu besuchen. Wegen der besonderen Exponate – und auch der lustigen Zeichentrickfilme zu besonderen Ereignissen, die mit Einfacher Sprache erklärt werden. Diese Ausstellung ist auch noch bis Januar geöffnet.

Zum Schluss bleibt natürlich die Frage, ob der 31.10., der in diesem Jahr in allen Bundesländern staatlicher Feiertag ist, von den Evangelischen wirklich nochmal intensiv dazu genutzt wird, sich versammeln und mit dem Reformationsgedenken im Rücken in die Zukunft aufzuberechen. Oder ob die meisten Evangelischen einfach diesen zusätzlichen freien Tag für sich privat nutzen. Die meisten Veranstaltungen im Jubiläumsjahr litten ja an zu geringer Teilnahme, was (verbunden mit den hohen saatlichen Zuschüssen) gesellschaftlich mit Recht sehr kritisch wahrgenommen wurde. Was für ein Signal wird wohl vom Reformationstag selbst ausgehen?

 

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