Jetzt ist es schon wieder ein viertel Jahr her, dass ich von unserer „Oper für Obdach“ berichtet habe. (Die ist übrigens so eingeschlagen, dass wir das Projekt voraussichtlich am 3. November wiederholen werden.)
Seit dem habe ich mich in unterschiedlichen Funktionen auf verschiedenen Bühnen herumgetrieben, wovon ich heute erzählen möchte. Denn das macht einen wichtigen Teil meiner Arbeit aus – auch wenn es bei weitem nicht den Löwenanteil der Zeit beansprucht. Das sind eher die „Management-Aufgaben“: Organisation, Personalentwicklung, unzählige Mails, Meetings, Konzepte und Berichte schreiben, Sitzungen vorbereiten…
Dazwischen sind dann die Predigten, Vorträge und Musikprojekte eine willkommene Abwechslung.
I. Den ersten schönen Musikauftritt habt ihr schon im Beitragsbild gesehen. Das war (noch vor der Oper für Obdacht) beim Jahresfestgottesdienst der Berliner Stadtmission am ersten Sonntag im März. Inzwischen habe ich eine fast konstante Projekt-Band, mit der ich nun schon zum dritten Mal diesen großen Gottesdienst musikalisch begleitet habe: Die Kolleginnen Carolin und Dörte mit tollen Stimmen, Tom (Architekt bei Sauerbruch & Hutton) am Keybord, Lukas an der Cajon und ich mit E-Bass und Gesang. 2016 waren wir damit in der Halle unserer großen Flüchtlingsunterkonft in der Mertensstraße. (Vielleicht erinnern sich einige.) Dieses Mal fand der Gottesdienst wieder im Saal im Zentrum am Hauptbahnhof statt. Und ich konnte die Band erstmals um zwei Bläser erweitern. Mit Trompete und Tenorsaxophon hat man gleich ganz andere Arrangement-Möglichkeiten. Und weil FSJlerin Eva und Sozialarbeiter Jürgen das richtig gut gemacht haben, waren die Rückmeldungen entsprechend begeistert.
Hinzu kommt sicher, dass die thematisch ausgerichtete, musikalisch abwechslungsreiche Liedauswahl in ihrer Mischung aus Kirchentagsliedern, Lobpreis, Choral usw. viele Menschen auf die eine oder andere Art anspricht. (Ihr wisst ja: Ich liebe „cross-over“, also die Kombination von Elementen, die man nicht unbedingt miteinander erwarten würde.) Uns hat es jedenfalls auch richtig viel Spaß gemacht.
II. Vom 23.bis zum 25. März fand in Berlin der Gemeinde-Ermutigungs-Kongress „Dynamissio“ statt. (…leider mit 2000 Teilnehmern fast zwei Drittel weniger als erwartet. Aber das war ja beim Kirchentags-Schluss-Gottesdienst in Wittenberg auch nicht besser – wenn da mal 1/3 der ursprünglich erhofften oder phantasierten Besucherzahl von 300.000 gekommen waren! Kirchentag wäre auch noch ein Thema unter dieser Überschrift. Aber das lass ich jetzt mal aus.)
Wie auch immer. Zusammen mit Claudia Filker und Tobias Faix (CVJM-Hochschule Kassel, im Bild Mitte) hatten wir die Aufgabe, in drei Kurzbeiträgen Konkretionen zum Tagesthema „Die Stadt und die Welt wahrnehmen“ zu liefern. Meinen Beitrag „Berliner Lebenswelten“ wie auch alle anderen findet ihr unter diesem link: http://dynamissio.de/infos/downloads/
Insgesamt gab es auch hier viele positive Rückmeldungen. Allerdings konnte der Kongress insgesamt die Freude an urbaner Theologie und geistlichen Entdeckungsreisen durch die Stadt nicht so recht wecken. In Programmheft und Moderation nicht erklärt, blieb es für viele unverständlich, warum sie zwischendurch zu Seminaren und Foren durch ganz Berlin geschickt wurden. Eigentlich war es – im Unterschied zu Zentral-Veranstaltungen wie einem Willow-Creek-Kongress – als ein didaktischen Kernstück gedacht gewesen, die Stadt auch wirklich mit allen Sinnen zu erleben. Aber – wie gesagt – leider ist das nicht richtig rüber gekommen und wurde von vielen dann nur als lästig empfunden.
Durch das sehr breite Spektrum von Rednern – vom EKD Ratsvorsitzenden Heinrich Bedfort-Strom bis zum Pfingstpastor aus Braunschweig Heinrich Christian Rust sowie einigen Gästen aus der angelsächsischen Welt – war aus meiner Sicht das inoffizelle Hauptthema: Wir Evangelischen aus Landeskirche, Arbeitsgemeinschaft Missionarischer Dienste, Pietismus und diverse Freikirchen können es doch irgendwie ganz gut miteinander.
Allerdings war durch diese Mischung irgendwie auch die „ownership“ nicht richtig klar, also welche kirchliche Richtung identifiziert sich wirklich mit dem Kongress. Unsere Landeskirche Berllin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz (EKBO) z.B. hatte sich komplett ausgeklinkt. Und das lag sicher nicht nur am ebenfalls bevorstehenden Kirchentag.
III. Weiter gings (nach einer Woche Skiurlaub) im April als Prediger bei Gottesdiensten in verschiedenen Stadtmissions-Gemeinden sowie dem Passionsgottesdienst für die Mitarbeitenden der Stadtmission. Dazwischen der erste Schnuppertag für Interessierte an unserem neuen Bachelor-Studiengang „Theologie, Sozialraum und Innovation“, den wir zusammen mit anderen Verbänden als sog. „An-Institut“ an die Evangelische Hochschule Tabor (Marbug) entwickelt haben.
Im Oktober startet das erste Semester bei uns in der Lehrterstraße.
Ziel ist es, Menschen für Gemeindegründungen und -neubelebungen auszubilden, die einerseits eine solide theologische Ausbildung haben, andererseits sich kompetent in verschiedenen Sozialräumen bewegen können und das notwendige Handwerkszeug für geistliche „Start-ups“ gelernt haben. Und die brauchen wir dringend. Dann die herkömmlichen Formen von Gemeindearbeit erreichen immer weniger Menschen, weil es keine Verbindung zu ihrer Lebenswelt gibt. (Hier berühren sich Studiengang und mein Dynamissio-Referat.)
Weitere Infos zum Studiengang findet ihr hier:
http://www.tsberlin.org/. Jetzt ist übrigens ein guter Zeitpunkt, um sich für das Studium zu bewerben 😉
IV. Berührung mit den Lebenswelten ist auch das entscheidende Thema für unsere Stadtmissionsgemeinden. Und bedeutet jetzt im Frühsommer: Gestaltung von oder Beteiligung an Kiez-Festen. So wie vorletztes Wochenende gkleich zweimal: Zunächst in Lichtenberg beim kommunalen Fest im Weidling-Kiez, wo ich mit Thomas Hoffmann zusammen gleich nach der Eröffnung durch den Bezirksbürgermeister Musik für Kinder und Erwachsene gemacht habe.
Und am Sonntag beim Hoffest an der St. Lukaskirche in Kreuzberg, an dem außer unserer Gemeinde, den Chören, unseren pädagogischen Projekten auch die dort ansässige Gehörlosengemeinde und verschiedene Partner aus der Straße beteiligt waren (kommunales Jugendzentrum „Alte Feuerwache“, Mövenpick usw.).
Ein „zweisprachiger“ Kurzgottesdienst mit der Gehörlosengemeinde hat dabei inzwischen schon Tradition.
Und wir sind sehr gespannt, wie sich die hochengagierte iranische Gemeinde und die kleine anatolische Gemeinde in St. Lukas weiterentwickeln werden, die beim Fest natürlich auch mitgemacht haben.
V. Eine ganz andere Bühne hatte ich ein Wochenende vorher im Kloster Altenberg bei Wetzlar. Dort war ich als Festprediger der Kreiskirchentage (der Kirchenkreise Wetzlar und Braunfels) eingeladen. Am Sonntagmorgen fanden unter der gigantischen Blutbuche 200 – 300 Besucher einen wunderbaren Schattenplatz.
In meiner Predigt zum Thema „erlöst, vergügt, befreit – so geht evangelisch“ habe ich anhand der unglaublich köstlichen Geschichte von der Befreiung des Petrus aus dem Gefängnis (Apg 12,1-9) mit gemacht zu fröhlicher Gelassenheit, die ihre Kraft aus dem Vertrauen auf Gott zieht.
Am Vortag hat mein Kollege und Freund aus Kölner zeiten, Reiner Fischer den Hauptvortrag. Und es war richtig schön, ihn mal wieder zu sehen und sich mit ihm auszutauschen. Genauso wie mit Pfr. Armin Kistenbrügge (dem Autor der genialen Bibel-Nacherzählung für junge Leute: #gottesgeschichte. Das Buch ist m.E. ein Muss in der Jugendarbeit wie als Zugang für Ahnungslose zur Bibel) und seiner Frau Kerstin Offermann, auch Pfarrerin (bei der Arbeitsgemeinschaft Missionarischer Dienste in Berlin).
Armin ist Pfarrer in Greifenstein (bei Wetzlar). Eine seiner beiden Kirchen ist dieses barocke Bauwerk (Foto unten) auf einem 500 m hohen Berg gleich neben der gleichnamigen Burgruine – mit 80 km Aussicht in alle Richtungen.
Und mit diesem Ausblick will ich für diesmal auch schließen. Seid gegrüßt!